Haus der deutschen Sprache
Deutsch in der Wissenschaft

Englisch an bayerischen Universitäten

Deutsch als Wissenschaftssprache: Sprachenpolitischer Damm- und Rechtsbruch für Englisch

Ende September tat sich der neue bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler MdL, überraschend als hemmungsloser Befürworter der weiteren Anglisierung der bayerischen staatlichen Hochschulen hervor – nachzulesen in einem hochschulrechtlich skandalös-fragwürdigen Schreiben vom 30. 09. 2019 an deren „Präsidentinnen und Präsidenten“.

Bisher machte insbesondere die TU München mit ihrer Absicht von sich reden, praktisch alle Masterstudiengänge ab 2020 verschämt „fremd“sprachig (d. h. nur noch auf Englisch) anzubieten. Für grundständige Studiengänge hatte das Ministerium dies in einem Grundsatzschreiben von 2016 ausdrücklich ausgeschlossen, es sei denn, Zwillingsstudiengänge gleichen Inhalts in deutscher Sprache blieben parallel verfügbar. Da dies dem neuen Minister „nicht mehr zeitgemäß“ erscheint, will er nun das Hochschulgesetz ändern und „im Vorgriff“ darauf den Hochschulen jetzt schon erlauben, selbst in Bachelorstudiengängen die Lehrsprache Deutsch abzuschaffen.

Will Sibler vollendete Tatsachen schaffen, um den Landtag vorsorglich auf seine neue, „zeitgemäße“ Linie zu zwingen? Sein Schreiben fordert sogar dazu auf, das immer noch geltende bayerische Hochschulrecht auch mit Blick auf die unumgänglichen Spracheingangsprüfungen für Studienbewerber zu missachten. Diese sollen jetzt ihre „Fremd-“Sprachenkenntnisse, verschämt für Englischkenntnisse, bis auf weiteres gleich selbst einschätzen, statt dies den Hochschulen zu überlassen.

Den billigen Erfolg werden die Bewerber kaum auf ihrer Seite sehen, vielleicht jedoch die Hochschulen in Form von „mehr Internationalisierung“, „mehr Landesmittel“ und „mehr Exzellenz“. Auf der Strecke bleiben – nachweislich – die Qualität der akademischen Lehre und der sprachlich-kulturelle Austausch. Außerdem sprechen einige Grundgesetzartikel gegen rein englischsprachige Curricula. Fehlt eigentlich nur noch, dass gegen deren Einführung jemand klagt!

Besteht etwa kein Zusammenhang zwischen der zunehmenden Vogelfreiheit landessprachlicher Lehrangebote und der „unternehmerischen“ Umgestaltung unserer Hochschulen – begleitet von einer „Bologna-Reform“, die uns vor allem einen schillernden Basar völlig verschulter und angeblich marktkonformer Schmalspurstudiengänge, davon immer mehr auf Englisch, bescherte?

Tatsächlich scheint Ministerpräsident Söder, wie er jüngst andeutete, einfach nur ganz schnell vom Brexit profitieren zu wollen. Ungeniert versucht er, EU-Ausländer, die die Insel verlassen möchten, nach Bayern abzuwerben! Dafür sind ihm alle Mittel recht, selbst solche, die geltendes Recht missachten. Wir sehen darin keinen „zeitgemäßen“, sondern einen zeitgeistigen bajuwarischen Nationalismus, der sich ohne jede Rücksicht auf Landessprache, demokratische Mitbestimmung, Integrationsbedarf und nachhaltige Wissensteilhabe „seinen“ Anteil am Globalisierungskuchen zu si-chern sucht.

Hermann H. Dieter und Ralph Mocikat | www.adawis.de