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Gedicht des Monats

Gedicht des Monats Juni 2012

Am 21. Juni beginnt die Sommerzeit und damit auch die Zeit, den aufkeimenden Sommer zu begrüßen. Welcher Gruß wäre da besser geeignet, als der eines Mannes, dessen Lieder wir auch heute noch singen?

Wie freu´ ich mich der Sommerwonne!

Von Hoffmann von Fallersleben

Wie freu´ ich mich der Sommerwonne,
Des frischen Grüns in Feld und Wald,
Wenn´s lebt und webt im Glanz der Sonne
Und wenn´s von allen Zweigen schallt!

Ich möchte jedes Blümchen fragen:
Hast du nicht einen Gruß für mich?
Ich möchte jedem Vogel sagen:
Sing, Vöglein, sing und freue dich!

Die Welt ist mein, ich fühl es wieder:
Wer wollte sich nicht ihrer freu´n,
Wenn er durch frohe Frühlingslieder
Sich seine Jugend kann erneu´n?

Kein Sehnen zieht mich in die Ferne,
Kein Hoffen lohnet mich mit Schmerz;
Da wo ich bin, da bin ich gerne,
Denn meine Heimat ist mein Herz.

 

Wie freu´ ich mich der Sommerwonne! erzählt in romantischer Hinwendung zur Natur davon, wie der Sommer die Natur durchflutet. Von wohligen Gefühlen, die entstehen, wenn die Farben der Pflanzen zu leuchten beginnen, die Gesänge der Vögel erklingen und die Liebe zur Heimat ins Bewusstsein dringt. So genießt das lyrische Ich sein Dasein und trägt seine Freude in die Welt hinaus.

In vier Strophen mit je vier Versen im Kreuzreim verpackt Hoffmann das stimmungsvolle Gefühl, die Welt umarmen zu können, „Die Welt ist mein, ich fühl es wieder“. Wie ein Spaziergang mutet der Verlauf des Gedichts an, ein Spaziergang durch „Feld und Wald“, vorbei an Gärten, in denen „Blümchen“ stehen und „Vöglein“ singen, der schließlich wieder dorthin führt, wo das Herz schlägt: nach Hause, „Denn meine Heimat ist mein Herz.“ Doch nicht ohne kurz vor dem Ziel zu stolpern, denn wo die Hoffnung mit Schmerz belohnt werden kann, ist die Ergebenheit an das Schicksal nicht fern und findet hier Ausdruck in einem Paradoxon: „Kein Hoffen lohnet mich mit Schmerz“.

 Portrait Hoffman von Fallersleben
Portrait Hoffmann von Fallersleben

Mit dem Beginn der Epoche der Romantik wurde auch der Mann geboren, der nicht nur das Lied der Deutschen (1841), welches mit Joseph Haydns Melodie der Kaiserhymne unterlegt und 1922 schließlich von Friedrich Ebert zur deutschen Nationalhymne erklärt wird, sondern auch zahlreiche bekannte Kinderlieder, wie Ein Männlein steht im Walde, Alle Vögel sind schon da oder Morgen kommt der Weihnachtsmann verfasste. August Heinrich Hoffmann von Fallersleben kam am 2. April 1798 in Fallersleben, an der Südostgrenze des Kurfürstentums Hannover, zur Welt.

In Göttingen beginnt Hoffmann 1816 ein Studium der Theologie, wechselt jedoch zur klassischen Philologie und Archäologie. Er erforscht das klassische Altertum in Bibliotheken und Museen und trifft dabei, im Jahr 1818, auf Jacob Grimm. Diese Bekanntschaft verleitet Hoffman dazu, ein Studium der deutschen Philologie und Germanistik an der Universität Bonn aufzunehmen, wo auch Jacob Grimm doziert.

1821 erscheint Hoffmanns Gedichtsammlung Lieder und Romanzen, welche unter anderem Übersetzungen holländischer Volkslieder enthält. Während seines Studiums in Bonn hat Hoffmann auch eine Anstellung als Bibliotheksassistent, dabei beschäftigt er sich mit dem Evangelienbuch Otfried von Weißenburgs, der Geschichte deutscher Kirchenlieder sowie der altniederländischen und altflämischen Dichtung. Im Jahr 1823 erhält er eine Stelle als Kustor in der Centralbibliothek in Breslau und wird dort 1830 zum außerordentlichen Professor für deutsche Sprache und Literatur ernannt, seine Antrittsrede handelt von Martin Luthers Verdiensten um die deutsche Sprache. Die Ernennung zum ordentlichen Professor erhält Hoffmann im Jahr 1835. Drei Jahre später legt er den Bibliotheksdienst nieder.

Seine Unpolitischen Lieder (1840), in denen er sich kritisch mit den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen in Deutschland beschäftigt und für ein einheitliches Deutschland plädiert, führen dazu, dass Hoffmann im Jahr 1842 vom preußischen Kultusministerium als staatsgefährdend eingestuft und ins Exil verbannt wird. Während dieser Zeit findet er unter anderem Unterschlupf auf ländlichen Rittergütern, wo einige seiner berühmten Kinderlieder entstehen. 1848 wird Hoffmann mit dem Amnestiegesetz rehabilitiert, so dass er ins Rheinland zurückkehren kann, wo er seine junge Nichte Ida zur Frau nimmt. Seine Professur in Breslau erhält er jedoch nicht zurück.

Portait von Ernst Henseler
Bildnis des Dichters Hoffmann von Fallersleben (Ernst Henseler)

In den folgenden Jahren gehen Hoffmanns Interesse für Lyrik und Wissenschaft Hand in Hand, wobei er sich mit provokanten politischen Aussagen zurückhält. Zahlreiche Lieder verlassen seine Feder und auch als Opern- und Schauspielschreiber versuchte er sich. Auf wissenschaftlicher Ebene beschäftigte sich Hoffmann mit der Namensforschung und mit Neuauflagen älterer Schriften, wie zum Beispiel der Geschichte des deutschen Kirchenliedes. 1854 geht Hoffmann nach Weimar und gründet das Weimarische Jahrbuch für deutsche Sprache, Litteratur und Kunst zusammen mit Oscar Schade. Im Mai des darauffolgenden Jahres wird Hoffmanns Sohn Franz Friedrich Herrmann geboren, welcher die Kunstakademie in Düsseldorf sowie die Großherzogliche Kunstschule in Weimar besucht und zum Landschaftsmaler avanciert.

Schloss in Corvey
Schloss in Corvey, Gemälde von Franz Friedrich Hoffmann-Fallersleben

Seine letzte Stelle tritt Hoffmann schließlich 1860 an: als Bibliothekar auf Schloß Corvey bei Höxter. Kurz darauf stirbt seine immer noch junge Ehefrau Ida. Hoffmann selbst verstirbt am 29. Januar 1874 in Corvey.

Bildquellen: http://gutenberg.spiegel.de/autor/160: Portrait (gemeinfrei); http://de.wikipedia.org/wiki/August_Heinrich_Hoffmann_von_Fallersleben: Gemälde von Ernst Henseler-Wepritz (gemeinfrei); Gemälde Schloss in Corvey von Franz Friedrich Hoffmann-Fallersleben(gemeinfrei).